Systemische Aufstellung

Über die Methode

Flucht - Angriff - Schock - Trauma

 

Je radikaler die Veränderungen desto größer auch die anfänglichen Widerstände und der Graben zwischen denen, die Verletzungen (noch) fühlen und denen die nichts mehr fühlen – außer Lähmung. Menschen reagieren auf extreme Überforderung mit Abspaltung und Verdrängung. Die biologische Reaktion von Flucht oder Angriff ist ausgeschaltet – Schockstarre setzt ein. Die Psychologie bezeichnet das als Trauma, die Biologie kann die bio-chemische Reaktion detailliert beschreiben. Durch die Kriegserfahrungen der jüngeren Vergangenheit gibt es vielfältige Therapiemethoden, die Traumata heilen und lindern können. 

 

Das Phänomen von Trauma erleben wir allerdings auch im Kollektiven. So wie Menschen können Familien, Gruppen, Organisationen und ganze Länder kollektiv traumatisiert sein. Hier befindet sich die Erforschung noch ganz am Anfang.

 

Aufstellungsarbeit und Seelen

 

Ein Weg die Phänomene, Kräfte und Wirkungszusammenhänge sichtbar zu machen sind Familien- und Organisationsaufstellungen. Bert Hellinger, einer der Pioniere dieser Methodik hat erkannt, wie die Schamanen von indigenen Völkern mit Trauma umgehen. Sie betrachten die Verletzungen als Verletzungen der Seelen – sowohl der individuellen Seele als auch der Stammes-Seele. Abspaltungen sind für sie Seelenanteile, die sich zurückziehen und durch Rituale zurückgeholt werden können. Für sie sind alle Menschen mit einander verbunden, auch mit den Ahnen, so dass sich traumatische Verletzungen auch von Generationen auf Generationen weiter auswirken können. Diese Erfahrungen und Erkenntnisse hat Bert Hellinger dann in unserer westlichen Welt auf Familiensysteme angewendet und später auch auf andere Systeme – zum Beispiel Organisationen. Man kann  die Seele der Organisation auch als Stammes-Seele auffassen, deren Seelenkörper verletzt wurde und Anteile sich zurück gezogen haben. 

 

Methodik von Aufstellungen

 

In einer sogenannten „Aufstellung“ wählt eine Person mit einem Problem, Anliegen oder einer Frage Stellvertreter für die beteiligten echten Personen und die relevanten Wirkungsfaktoren aus. Die Stellvertreter erleben sich dabei als wären sie die echten Personen und liefern wertvolle Informationen, die sich zu einem erweiterten Bild der wahrnehmbaren Wirklichkeit zusammen setzen. Der geschulte Aufstellungsexperte leitet dabei den Prozess  nach bestimmten universellen Prinzipien und Regeln. Er ist geschult die vielen Informationen, die sich vor allem durch Körperwahrnehmungen zeigen, zu bemerken und in Richtung des Anliegens oder der Fragestellung zu deuten.

 

Wenn wir uns mit traumatisierten Organisationen befassen, stellt sich die Frage nach Möglichkeiten der Befreiung aus dem Lähmungszustand - also nach Gesundung des Systems. Was hilft, sind Ressourcen, also Fähigkeiten und Intelligenzen, welche die Organisation und in ihr die Menschen bewusst oder unbewusst besitzen. In einer Trauma-Aufstellung wird sichtbar, welche Ressourcen existieren und wie sie eine lösende Entwicklung in Gang bringen können – ohne das System weiter zu überfordern. Aus schamanischer Sicht, werden die Seelenanteile reintegriert. 

 

In meiner Auffassung von Organisationen haben auch Unternehmen so etwas wie eine Seele, man könnte es auch einfach betriebswirtschaftlich „Unternehmensdaseinszweck“ oder psychologisch „Identität“ nennen. In der Betriebswirtschaftlichen Markentheorie gibt es  Theorien und Konzepte, in denen von der Markenseele und auch von Markenpersönlich-keiten gesprochen wird. Also alles eine Frage der persönlichen Bevorzugung von Erklärungsansätzen.

 

Egal welches verstandesmäßige Konzept, welche Theorie wir nutzen, die Phänomene und die Lösungsprozesse sind in der Regel erst einmal außerhalb unserer Vorstellungswelt - und dennoch ohne Zweifel wirksam. Die empirische phänomenologische Forschung hat keine Zweifel mehr über die Wirksamkeit – auch wenn die rationalen Erklärungen noch nicht ganz vollständig sein mögen. Quantenphysik, Epigenetik und Neurowissenschaften zum Beispiel haben Teilantworten und entwickeln sich rasant weiter. (Systemaufstellungen wirken – erste RCT-Studie zu Familien- und Organisationsaufstellungen 2013, Jan Weinhold, Christina Hunger, Annette Bornhäuser, Jochen Schweitzer: Wirksamkeit von Systemaufstellungen: explorative Ergebnisse der Heidelberger RCT-Studie. Familiendynamik  Heft 1/ 2013, S. 42-51).

 

Vertiefung für Interessierte 

Aktuell gibt es drei verschiedene Perspektiven und Ansätze von Aufstellungen: Familienaufstellungen, Organisationsaufstellungen und systemische Strukturaufstellungen. Interessante Beiträge und Perspektiven finden sich auf den Webseiten der Deutschen Gesellschaft für Systemaufstellungen DGfS und Wikipedia.